Wittgenstein stop motion
Die Kurzfilme der Künstlerin Ana Vasof machen scheinbar mühelos Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen (1953) in Sachen ethnomethodologischer Erforschung von Praktiken Konkurrenz. Filmische Miniaturen, die durch ihre aberwitzigen technischen Anordnungen ähnlich zum Nachdenken zwingen wie Wittgensteins anekdotische Gedankenexperimente und Beispiele zur Erläuterung von Handlungstheorien (Nicolini 2012) liefern.
In dem 4‑minütigen Film „Down to earth“ wird etwa so Alltägliches, wie einen Fuß vor den anderen zu setzen, zur stetigen Neuinszenierung kleiner Absurditäten und liefert ein Stakkato ihrer Kreativität. Hat schon mal wer versucht sich zwei Pfannen auf die Füße zu schnallen und damit im Gehen Palatschinken zu werfen? Und das ist nur eine von etwa zwanzig verschiedenen „Gangarten“, die sie in dem Video praktiziert.
Die Frage „Was wäre, wenn?“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk der jungen Künstlerin und gleicht damit dem Ausgangspunkt philosophischer Überlegungen zur Praxis. Was wäre, wenn die alltägliche Praxis so wäre wie in dem Film, und nicht so wie sie tatsächlich ist? Und ist die tatsächliche Praxis des Gehens aus einem anderen Blickwinkel gesehen nicht mindestens genauso absurd?
In dem Film ‚Anachronism‘ bringt Vasof den Begriff Anachronismus auf den Punkt. Sie bearbeitet mit einer Raspel (!) einen Radiowecker, auf dem ein Countdown läuft, so dass am Ende nur noch Granulat übrigbleibt. Selbiges füllt sie in eine Sanduhr und schafft damit wieder eine vormoderne Form der Zeitmessung. Der Anachronismus zeigt sich dabei sowohl in der Umkehrung von industrieller Fertigung und Handwerk als auch der Umkehrung von Digitalem und Analogem. Man kann den Film nicht schauen ohne über das Digitalisierungsthema zu schmunzeln.
Zerstörung ist auch das Mittel in „Machine“ (2015). Das Motiv ein ähnliches: Wie kann etwas nur durch Zerstörung funktionieren? Das systematische Zerschlagen von Porzellantellern, welche ein paar Zahnräder zieren sowie ein wenig Stop-Motion-Technik setzen letztlich das Räderwerk in Bewegung. Man fühlt sich unweigerlich an Chaplin’s Modern Times (1936) erinnert.
Gefangen, wie Chaplin ist auch David Mitchell (Jake Gyllenhaal) in dem Spielfilm Demolition (2015). Seiner Depression und Entfremdung setzt er letztlich ebenfalls die positive Kraft der Zerstörung entgegen und bekommt so sein Leben wieder in den Griff. Die Dualität des Hammers als Sinnbild für Arbeit und Zerstörung. Ana Vasof und Jake Gyllenhaal wissen ihn filmisch ins Werk zu setzen.
Referenzen:
Ana Vasof’s Website, https://annavasof.net/
Nicolini, Davide (2012). Practice theory, work, and organization: An introduction. Oxford University Press
Wittgensteins, Ludwig (1953). Philosophischen Untersuchungen.
Ana Vasof, Down to Earth, 2014
Ana Vasof, Machine, 2015
Ana Vasof, Anachronism, 2015
Jean-Marc Vallée, Demolition, USA 2015
Ana Vasof, Down to Earth, 2014, Filmstill
© Ana Vasof
Wittgenstein stop motion
Die Kurzfilme der Künstlerin Ana Vasof machen scheinbar mühelos Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen (1953) in Sachen ethnomethodologischer Erforschung von Praktiken Konkurrenz. Filmische Miniaturen, die durch ihre aberwitzigen technischen Anordnungen ähnlich zum Nachdenken zwingen wie Wittgensteins anekdotische Gedankenexperimente und Beispiele zur Erläuterung von Handlungstheorien (Nicolini 2012) liefern.
In dem 4‑minütigen Film „Down to earth“ wird etwa so Alltägliches, wie einen Fuß vor den anderen zu setzen, zur stetigen Neuinszenierung kleiner Absurditäten und liefert ein Stakkato ihrer Kreativität. Hat schon mal wer versucht sich zwei Pfannen auf die Füße zu schnallen und damit im Gehen Palatschinken zu werfen? Und das ist nur eine von etwa zwanzig verschiedenen „Gangarten“, die sie in dem Video praktiziert.
Die Frage „Was wäre, wenn?“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk der jungen Künstlerin und gleicht damit dem Ausgangspunkt philosophischer Überlegungen zur Praxis. Was wäre, wenn die alltägliche Praxis so wäre wie in dem Film, und nicht so wie sie tatsächlich ist? Und ist die tatsächliche Praxis des Gehens aus einem anderen Blickwinkel gesehen nicht mindestens genauso absurd?
In dem Film ‚Anachronism‘ bringt Vasof den Begriff Anachronismus auf den Punkt. Sie bearbeitet mit einer Raspel (!) einen Radiowecker, auf dem ein Countdown läuft, so dass am Ende nur noch Granulat übrigbleibt. Selbiges füllt sie in eine Sanduhr und schafft damit wieder eine vormoderne Form der Zeitmessung. Der Anachronismus zeigt sich dabei sowohl in der Umkehrung von industrieller Fertigung und Handwerk als auch der Umkehrung von Digitalem und Analogem. Man kann den Film nicht schauen ohne über das Digitalisierungsthema zu schmunzeln.
Zerstörung ist auch das Mittel in „Machine“ (2015). Das Motiv ein ähnliches: Wie kann etwas nur durch Zerstörung funktionieren? Das systematische Zerschlagen von Porzellantellern, welche ein paar Zahnräder zieren sowie ein wenig Stop-Motion-Technik setzen letztlich das Räderwerk in Bewegung. Man fühlt sich unweigerlich an Chaplin’s Modern Times (1936) erinnert.
Gefangen, wie Chaplin ist auch David Mitchell (Jake Gyllenhaal) in dem Spielfilm Demolition (2015). Seiner Depression und Entfremdung setzt er letztlich ebenfalls die positive Kraft der Zerstörung entgegen und bekommt so sein Leben wieder in den Griff. Die Dualität des Hammers als Sinnbild für Arbeit und Zerstörung. Ana Vasof und Jake Gyllenhaal wissen ihn filmisch ins Werk zu setzen.
Referenzen:
Ana Vasof’s Website, https://annavasof.net/
Nicolini, Davide (2012). Practice theory, work, and organization: An introduction. Oxford University Press
Wittgensteins, Ludwig (1953). Philosophischen Untersuchungen.
Ana Vasof, Down to Earth, 2014
Ana Vasof, Machine, 2015
Ana Vasof, Anachronism, 2015
Jean-Marc Vallée, Demolition, USA 2015
Ana Vasof, Down to Earth, 2014, Filmstill
© Ana Vasof
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Gegen offene Ausbeutung können wir uns wehren. Subtile Formen hingegen sind nicht so leicht erkennbar und schwerer zu bekämpfen.