Korea’s Generation Praktikum 4.0
Korea hat 2020 Filmgeschichte geschrieben. Der Film ‚Parasite‘ von Bong Joon-ho hat als erster fremdsprachiger Film den Oscar für den besten Film bekommen. Bis dahin dachten wohl die meisten das geht gar nicht, denn auch für außergewöhnliche Nicht-Englischsprachige-Filme war der “Auslands-Oscar” das höchste der Gefühle. ‚Parasite‘ ist eine bitterböse filmische Kritik der wachsenden Ungleichheit der koreanischen Gesellschaft: Drama, Horror, Thriller, Komödie, Satire. Genresprengend, innovativ, genial.
Ebenfalls nicht einzuordnen, und genauso Ungleichheiten auslotend, ist die mehrfach prämierte und in Korea extrem erfolgreiche TV-Serie ‚Misaeng: Incomplete Life‘ aus dem Jahr 2014. Die Serie erzählt den ungewöhnlichen Einstieg — und Aufstieg — des jungen Geu-rae in einen großen internationalen Handelskonzern. Bislang auf Gelegenheitsjobs angewiesen, mit denen er sich und seine Mutter über Wasser hält, schafft es der junge ‚Go‘-Nerd sich irgendwie gegenüber anderen Praktikanten in dem Konzern zu behaupten. Dabei besitzt er gerade mal ein Schulabschlusszeugnis, während alle andere Praktikanten Diplome renommierter Universitäten vorweisen können. Er spricht kein Englisch, alle anderen mehrere Fremdsprachen fließend. Sehr schön etwa die Szene im Pilotfilm, in der er bei jedem Anruf eines Kunden seine Praktikantenkollegin Young-yi non-verbale um Hilfe bittet, da er die internationalen Anrufer nicht versteht. Er zerrt sie buchstäblich – ohne dass es anzüglich wird – zum Telefon, wo sie jedes Mal in einer anderen Fremdsprache eloquent antwortet.
Mit seiner ausgeprägten sozialen Kompetenz gelingt es ihm letztlich dem super-hierarchischen, ultra-diskriminierenden, und mega-kompetitiven koreanischen Büroalltag zu trotzen. Als er entgegen aller Erwartungen, fix in das Sales-Team aufgenommen wird, wähnt man sich kurz sogar in einem neuzeitlichen Filmmärchen. Als Ganzes lässt sich die Serie aber schwer einordnen: Sozialromanze? Satire? Büro-Komödie? Drama oder doch Doku? Von allem ein wenig, aber jedenfalls ganz viel Einblick in die Rekrutierungspraktiken und den Alltagswahnsinn koreanischer Unternehmen. Auch wer Anschauungsmaterial für das tief in der Koreanischen Arbeitsalltagskultur verankerte Mobbing durch Vorgesetzte sucht, wird hier in jeder Folge fündig, erschreckend. Im Übrigen haben die Koreaner zu diesem Zweck den Neologismus ‚Gapjil‘ erfunden, (die Japaner ‚Pawa-hara‘ — (aus ‚Power Harrassement‘) und erst kürzlich ein Gesetz dagegen erlassen.
Misaeng: Incomplete Life (2014), Trailer
Promotion Picture
© tvN
Site picture, the young Geu-rae's (Im Si-wan)
© TvN
Korea’s Generation Praktikum 4.0
Korea hat 2020 Filmgeschichte geschrieben. Der Film ‚Parasite‘ von Bong Joon-ho hat als erster fremdsprachiger Film den Oscar für den besten Film bekommen. Bis dahin dachten wohl die meisten das geht gar nicht, denn auch für außergewöhnliche Nicht-Englischsprachige-Filme war der “Auslands-Oscar” das höchste der Gefühle. ‚Parasite‘ ist eine bitterböse filmische Kritik der wachsenden Ungleichheit der koreanischen Gesellschaft: Drama, Horror, Thriller, Komödie, Satire. Genresprengend, innovativ, genial.
Ebenfalls nicht einzuordnen, und genauso Ungleichheiten auslotend, ist die mehrfach prämierte und in Korea extrem erfolgreiche TV-Serie ‚Misaeng: Incomplete Life‘ aus dem Jahr 2014. Die Serie erzählt den ungewöhnlichen Einstieg — und Aufstieg — des jungen Geu-rae in einen großen internationalen Handelskonzern. Bislang auf Gelegenheitsjobs angewiesen, mit denen er sich und seine Mutter über Wasser hält, schafft es der junge ‚Go‘-Nerd sich irgendwie gegenüber anderen Praktikanten in dem Konzern zu behaupten. Dabei besitzt er gerade mal ein Schulabschlusszeugnis, während alle andere Praktikanten Diplome renommierter Universitäten vorweisen können. Er spricht kein Englisch, alle anderen mehrere Fremdsprachen fließend. Sehr schön etwa die Szene im Pilotfilm, in der er bei jedem Anruf eines Kunden seine Praktikantenkollegin Young-yi non-verbale um Hilfe bittet, da er die internationalen Anrufer nicht versteht. Er zerrt sie buchstäblich – ohne dass es anzüglich wird – zum Telefon, wo sie jedes Mal in einer anderen Fremdsprache eloquent antwortet.
Mit seiner ausgeprägten sozialen Kompetenz gelingt es ihm letztlich dem super-hierarchischen, ultra-diskriminierenden, und mega-kompetitiven koreanischen Büroalltag zu trotzen. Als er entgegen aller Erwartungen, fix in das Sales-Team aufgenommen wird, wähnt man sich kurz sogar in einem neuzeitlichen Filmmärchen. Als Ganzes lässt sich die Serie aber schwer einordnen: Sozialromanze? Satire? Büro-Komödie? Drama oder doch Doku? Von allem ein wenig, aber jedenfalls ganz viel Einblick in die Rekrutierungspraktiken und den Alltagswahnsinn koreanischer Unternehmen. Auch wer Anschauungsmaterial für das tief in der Koreanischen Arbeitsalltagskultur verankerte Mobbing durch Vorgesetzte sucht, wird hier in jeder Folge fündig, erschreckend. Im Übrigen haben die Koreaner zu diesem Zweck den Neologismus ‚Gapjil‘ erfunden, (die Japaner ‚Pawa-hara‘ — (aus ‚Power Harrassement‘) und erst kürzlich ein Gesetz dagegen erlassen.
Misaeng: Incomplete Life (2014), Trailer
Promotion Picture
© tvN
Site picture, the young Geu-rae's (Im Si-wan)
© TvN
Trotzdem ist Lazzaro glücklich
Alice Rohrwachers Film über die zweifelhafte Befreiung aus einem Untertanenverhältnis
Arbeitsinspektor Corona
Das Corona Virus fördert immer öfter Missstände zu Tage: Wildtiermärkte, prekäre Arbeitsbedingungen, Pelzfarmen. Was kommt als nächstes?
Stapler-Konflikte
In den Gängen (2018) von Thomas Stuber ist der ultimative Lagerarbeiter-Spielfilm. So viel Drehort ‚Arbeitsplatz’, ein Großmarkt, und so viel Einblick in die Einschulung in einen Hilfsberuf gab es im Kino noch nie. Obendrauf gibt es noch eine Romanze.
Garderobiers der Weltbühnen
Im zweiten Teil seiner Trilogie über Menschen in ungewöhnlichen Berufen, „Secondo Me” (2016), begleitet Pavel Cuzuioc drei Garderobiers an drei europäischen Opernhäusern und holt das Alltägliche vor den Vorhang.
Gundermann: Abgesang auf ein Arbeitsparadigma
Das Biopic ‚Gundermann‘ (2018) erzählt ganz nebenbei auch vom Niedergang des Tagebau in der Lausitz und dem bereits verschwundenen Arbeitsparadigma der DDR.
Wittgenstein stop motion
Ana Vasofs filmische Anekdoten beflügeln die Praxeologie und hinterfragen pointiert unsere Denk- und Verhaltensweisen.