Night Mail – Der poetische Blick
In den 1930er Jahren musste die britische Post (General Post Office — GPO) sich abzeichnende Privatisierungsabsichten abwehren. Die der Post zugehörige GPO Film Unit erhielt den Auftrag eine Reihe von Filmen zu produzieren die, indem sie den Postdienst faszinierend darstellten, das öffentliche Ansehen der Einrichtung stärken und gleichzeitig die schlechte Moral der Belegschaft bekämpfen sollten. Die Regisseure Harry Watt und Basil Wright wurde die Aufgabe übertragen den wichtigsten Postzug, der die Route London-Glasgow-Edinburgh-Aberdeen bedient, zu portraitieren.
Montiert zur Musik von Benjamin Britten und einem Gedicht von W.D. Auden entfalten die s/w Bilder der Reise des “Postal Special” von London nach Glasgow eine suggestive Wirkung.
Ein Schwenk über eine düstere schottische Landschaft, das Pfeifen des Windes wird von einem Beat überlagert, im Tal erkennt man den charakteristischen weissen Rauch einer Dampflok, ein Voice-over im harten Takt der Kolben setzt ein.
This is the night mail crossing the Border,
Bringing the cheque and the postal order,
Letters for the rich, letters for the poor,
The shop at the corner, the girl next door.
Der Heizer füttert das Feuer im Kessel mit Kohle, Schaufel um Schaufel. So arbeitet sich der Zug kraftvoll die Berge hinauf.
In the farm she passes no one wakes,
But a jug in a bedroom gently shakes.
Als der Morgen anbricht ist der Aufstieg geschafft. Zu einem erhabenen Score öffnet sich der Blick auf den sich erhellenden Himmel und der Lokführer wischt sich den Schweiss von der Stirn.
Dawn frenshens, Her climb is done.
Down towards Glasgow she descends
Im Stakkato der rasanten Talfahrt erfahren wir welche Vielfalt an Briefen, im Grunde die ganze Fülle des Lebens, der Postzug an Bord hat.
Letters of thanks, letters from banks,
Letters of joy from girl and boy,
Clever, stupid, short and long,
The typed and the printed and the spelt all wrong.
Es sind wohl diese, als eigenständiger Film wahrnehmbaren, 3:14 am Ende des 23:23 min langen Dokumentarfilms, die “Night Mail” zu einem Meisterwerk machen.
Dass “Night Mail” kein profaner Imagefilm, sondern dieses Kunstwerk geworden ist, verdanken wir nicht zuletzt John Grierson, einem der Erzähler im Film der das Ende der Rohschnittfassung kritisierte. Er monierte, dass die Bilder die “Maschinerie” der Postverteilung dokumentieren, aber die Menschen nicht zeigen welche die Briefe schreiben und empfangen. Daraufhin beschlossen die Filmemacher eben jene eine Sequenz mit einem zu Musik gesprochenen Gedicht zu kreieren.
Mit den ersten 20 Minuten des Films, der eben diese “Maschinerie” minutiös zeigt, beschäftige ich mich im zweiten Teil von “Night Mail”. Dieser Abschnitt ist konventioneller gestaltet, ermöglicht uns aber auch einen genauen Blick in die Arbeitswelt der 1930er Jahre.
Night Mail by W H Auden
Publicity poster for the documentary film "Night Mail"
© artwork by Pat Keely
Night Mail – Der poetische Blick
In den 1930er Jahren musste die britische Post (General Post Office — GPO) sich abzeichnende Privatisierungsabsichten abwehren. Die der Post zugehörige GPO Film Unit erhielt den Auftrag eine Reihe von Filmen zu produzieren die, indem sie den Postdienst faszinierend darstellten, das öffentliche Ansehen der Einrichtung stärken und gleichzeitig die schlechte Moral der Belegschaft bekämpfen sollten. Die Regisseure Harry Watt und Basil Wright wurde die Aufgabe übertragen den wichtigsten Postzug, der die Route London-Glasgow-Edinburgh-Aberdeen bedient, zu portraitieren.
Montiert zur Musik von Benjamin Britten und einem Gedicht von W.D. Auden entfalten die s/w Bilder der Reise des “Postal Special” von London nach Glasgow eine suggestive Wirkung.
Ein Schwenk über eine düstere schottische Landschaft, das Pfeifen des Windes wird von einem Beat überlagert, im Tal erkennt man den charakteristischen weissen Rauch einer Dampflok, ein Voice-over im harten Takt der Kolben setzt ein.
This is the night mail crossing the Border,
Bringing the cheque and the postal order,
Letters for the rich, letters for the poor,
The shop at the corner, the girl next door.
Der Heizer füttert das Feuer im Kessel mit Kohle, Schaufel um Schaufel. So arbeitet sich der Zug kraftvoll die Berge hinauf.
In the farm she passes no one wakes,
But a jug in a bedroom gently shakes.
Als der Morgen anbricht ist der Aufstieg geschafft. Zu einem erhabenen Score öffnet sich der Blick auf den sich erhellenden Himmel und der Lokführer wischt sich den Schweiss von der Stirn.
Dawn frenshens, Her climb is done.
Down towards Glasgow she descends
Im Stakkato der rasanten Talfahrt erfahren wir welche Vielfalt an Briefen, im Grunde die ganze Fülle des Lebens, der Postzug an Bord hat.
Letters of thanks, letters from banks,
Letters of joy from girl and boy,
Clever, stupid, short and long,
The typed and the printed and the spelt all wrong.
Es sind wohl diese, als eigenständiger Film wahrnehmbaren, 3:14 am Ende des 23:23 min langen Dokumentarfilms, die “Night Mail” zu einem Meisterwerk machen.
Dass “Night Mail” kein profaner Imagefilm, sondern dieses Kunstwerk geworden ist, verdanken wir nicht zuletzt John Grierson, einem der Erzähler im Film der das Ende der Rohschnittfassung kritisierte. Er monierte, dass die Bilder die “Maschinerie” der Postverteilung dokumentieren, aber die Menschen nicht zeigen welche die Briefe schreiben und empfangen. Daraufhin beschlossen die Filmemacher eben jene eine Sequenz mit einem zu Musik gesprochenen Gedicht zu kreieren.
Mit den ersten 20 Minuten des Films, der eben diese “Maschinerie” minutiös zeigt, beschäftige ich mich im zweiten Teil von “Night Mail”. Dieser Abschnitt ist konventioneller gestaltet, ermöglicht uns aber auch einen genauen Blick in die Arbeitswelt der 1930er Jahre.
Night Mail by W H Auden
Publicity poster for the documentary film "Night Mail"
© artwork by Pat Keely
Bossnapping à la Cantona
Insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten wurden die Auseinandersetzungen zwischen Management und Arbeitnehmer:innen in Frankreich deutlich rauer. Das sogenannte "Bossnapping", die Geiselnahme der Geschäftsführung, virtuos von Éric Cantona in der Netflix-Serie 'Dérapages' in Szene gesetzt, liefert dafür ein bezeichnendes Beispiel.
Ostfrauen. Selbstverwirklichung durch Erwerbsbeteiligung
«Du musst als Frau immer besser sein als der beste Mann im Team. Das ist für eine erfolgreiche Frau das Mindestmass wie das funktioniert im Patriarchat.» fasst Maria Gross, Köchin und Gastronomin aus Thüringen, die Situationen von «Ostfrauen» in der gleichnamigen MDR-Dokumentation von Lutz Pehnert zusammen.
Zwischen Wirklichkeit und Werbung. Berufsinfofilme zur Krankenpflege im Wandel der Zeit
Die Bekämpfung des Pflegepersonalnotstands durch Film hat Geschichte. Ein W-o-W Filmabend thematisiert den Wandel des Pflegeberufs anhand von Berufsinformationsfilmen aus den letzten 80 Jahre.
“Zu jeder Zeit“, mit der Kamera Emotionen der Pflegeausbildung durchleuchten
Ein W-o-W Filmabend kontrastiert Berufsinformationsfilme mit dem einfühlsamen Dokumentarfilm „Zu jeder Zeit“ (FR 2018) von Nicolas Philibert zur Pflegausbildung im in einem Krankenhaus im Großraum Paris.
Hikikomori — Depression als Rebellion?
Was kann man aus Japans Erfahrung für Europas Umgang mit NEET-Jugendlichen, also jenen die weder in Beschäftigung noch Ausbildung sind, lernen?
W‑o-W Film Screening #1: Pflegenotstand im Scheinwerferlicht
Work-o-Witch veranstaltet am 10. November 2022 einen Filmabend zur Pflegeausbildung. Die Veranstaltung untersucht die Rolle des Films in der Berufsausbildung und als Mittel zur Thematisierung und Bekämpfung des Pflege-(personal-)notstands.
Über diesen Blog
Mit der Auswahl eines Films oder eines Bildes veranschaulicht dieser Blog buchstäblich das weite Feld der Arbeit, Beschäftigung und Bildung in einer offenen Sammlung akademischer, künstlerischer und auch anekdotischer Erkenntnisse.
Über uns
Konrad Wakolbinger dreht Dokumentarfilme über Arbeit und Leben. Jörg Markowitsch forscht zu Bildung und Arbeit. Beide leben in Wien. Informationen zu Gastautoren und ‑autorinnen finden sich bei ihren jeweiligen Beiträgen
Über uns hinaus
Interesse an mehr? Wir haben hier Empfehlungen zu einschlägigen Festivals, Filmsammlungen und Literatur zusammengestellt.
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