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  • Observations on Work, Employment & Education

    Konrad Wakolbinger

    The Men of God’s Wonderful Railway

    Von der harten Arbeit im Maschinenbau zu den Annehmlichkeiten der Konsumerlebniswelt – der Vergleich zweier gegensätzlicher Fernsehreportagen zeigt diesen Wirtschaftswandel „in a nutshell“.

    Im Archiv von Swindon Cable, dem ersten kom­mer­zi­el­len Kabel­fern­seh­sen­der Gross­bri­tan­ni­ens, finden sich zwischen Christmas Shows, Fuss­ball­be­richt­erstat­tung und “Winter Wonderland”-Schneefallvideos, zwei Repor­ta­gen über das Schicksal der Swindon Railway Works, einstmals eine der bedeu­tends­ten Loko­mo­tiv­bau- und Ser­vice­ein­rich­tun­gen weltweit.

    Paul Lang­cas­ter, lang­jäh­ri­ger Reporter von Swindon Cable, kehrte zum 25-Jahre Jubiläum des Great Western Designer Outlet Village nochmals zurück ins in die aus­ge­dien­ten Fabriks­hal­len der Eisen­bahn­wer­ke. Das Video, unin­spi­riert und nicht über­ra­schend als Outlet at 25 (Master)“ betitelt, zeigt eine cleane Shopping Mall, die in eine denk­mal­ge­schütz­te Indus­trie­ar­chi­tek­tur eingebaut wurde. Aber es erzählt auch, inter­es­san­ter­wei­se im Pro­mo­ti­ons­vi­deo der Betrei­ber­fir­ma des Ein­kaufs­zen­trums, die Geschich­te dieses aus­ser­ge­wöhn­li­chen Indus­trie­stand­or­tes, der Swindon erst zur Stadt erblühen hat lassen:

    Seit den 1840er Jahren verbindet die Great Western Railway Line London mit Bristol. Bald erhielt sie den Ehren­ti­tel “God’s Wonderful Railway” und verkaufte sich seit dem Beginn des Mas­sen­tou­ris­mus als “The Holiday Line”, da sie die Strände von Wales und Cornwall für die unteren Klassen zugäng­lich machte. In Swindon, davor eine unbe­deu­ten­de Markt­ge­mein­de, wurde, weil ungefähr in der Mitte der Strecke gelegen, das Tech­nik­zen­trum errichtet. Die Swindon Railway Works, in denen zur Blütezeit 14.000 Arbeiter die besten Dampfloks der Welt bauten, waren auch vor­bild­lich in der Fürsorge für ihre Arbeiter. Das, mit einem kleinen Lohnabzug, finan­zier­te Gesund­heits­zen­trum gewähr­leis­te­te eine lebens­lan­ge, kos­ten­lo­se Gesund­heits­ver­sor­gung und wurde tat­säch­lich zur Vorlage für das lan­des­wei­te Gesund­heits­sys­tem, das National Health Service (NHS).

    Andere Reportage, selber Ort, 30 Jahre früher:

    Keith Wilkinson doku­men­tiert in seiner fast 30-minütigen, ein­drück­li­chen Fern­seh­re­por­ta­ge „God’s Wonderful Railway Men den Kampf der Swindon Railway Workers um den Fort­be­stand ihrer Fabrik. Wilkinson zeigt die rostige Ästhetik einer unter­ge­hen­den Tech­nik­kul­tur und der ihr zuge­hö­ri­gen Arbeiter. Zwar sind Kame­ra­füh­rung und Ton­ge­stal­tung von „God’s Wonderful Railway Men“ nicht auf höchstem Niveau, aber der Film besticht durch seine Unmit­tel­bar­keit und Nähe zum Geschehen. Er ist ein fan­tas­ti­sches Zeitdokument.

    Dra­ma­ti­sche Orgel­mu­sik begleitet eine lange Kame­ra­fahrt, der Kame­ra­mann sitzt auf einer Lore, durch eine Halle enormen Ausmasses, in der Loko­mo­ti­ven repariert und gewartet werden. Zwei Ein­stel­lun­gen nehmen das Schicksal des Werkes und der dort beschäf­tig­ten Arbeiter vorweg: die beim Ver­schrot­ten brennende 40159 am Lok­fried­hof und der Schwenk von einer Diesellok zum dem an der Anlage vor­bei­fah­ren­den Hoch­ge­schwin­dig­keits­zug der die Werk­stät­te buch­stäb­lich “überholt”. Die Sequenzen aus den Werks­hal­len zeigen eine, mitt­ler­wei­le ver­schwun­de­ne, Welt der Indus­trie­ar­beit: Kör­per­lich­keit, Schweiss, Hand­ar­beit, Schmutz, Dampf, Eisen und die Maschinen werden tat­säch­lich von den Arbeitern bedient, die damit auch den Arbeits­rhyth­mus bestimmen.

    Demons­tra­tio­nen der Arbeiter in Swindon und London, wie auch das Lobbying im Parlament zeigen nicht die gewünsch­te Wirkung, obwohl die Arbeiter bereit sind, umzu­schu­len und sich an die neuen Tech­no­lo­gien anzueignen.

    Der Arbei­ter­pries­ter in Zivil­klei­dung argu­men­tiert mit dem Nutzen, welche die Arbeits­leis­tung in den Railway Works für die Gemein­schaft und für die Arbeiter selbst hat. Der Verlust von unwie­der­bring­li­chen Fer­tig­kei­ten, sowie der Reichtum, die Vitalität und die Krea­ti­vi­tät der Arbeit, droht ver­nich­tet zu werden. Ein anderer, in eine Soutane geklei­de­te, Priester, stützt sich in seiner Kritik am Bahn­ma­nage­ment auf die struk­tu­rel­le Funktion des Bahnwerks für Swindon — die Eisenbahn als Vater- und Mut­ter­fi­gur [sic!] der Stadt.

    Bill Reid, pen­sio­nier­ter Kes­sel­ma­cher, der sein ganzes Arbeits­le­ben von 51 Jahren in den Swindon Railway Works verbracht hat, trauert all den ver­schwun­den “Skills” nach, die im Werk, das damals noch Loko­mo­ti­ven gebaut hat, geblüht haben. Der geist­rei­che Pen­sio­nist, einer von drei im Fauteuil sitzenden älteren Herrn im Sonn­tags­an­zug, ist, aber nicht nur ein ent­täusch­ter Eisen­bah­ners, sondern auch ein hell­sich­ti­ger Denker, dessen Weitsicht alle Vertreter einer unhin­ter­frag­ten Fort­schritt­lich­keit beschämt.

    “Eine Meile Autobahn braucht 16 ha Land. Eine Meile Eisen­bahn­stre­cke braucht 0,4 ha Land. Denk doch an all das Ackerland, das ist weg…” es braucht Schienen statt Strassen … “Sie bekommen die Luft­ver­schmut­zung nicht mit. Jetzt kommen sie drauf, dass sogar die Wälder sterben. Vergiftet von der giftigen Umge­bungs­luft. Ich denke letzt­end­lich müssen sie zur Eisenbahn zurück.”

    Auf dem Schild eines Demons­tran­ten steht: “Is this the age of the train?”

    Nun, jetzt ganz sicher. Aber warum sind wir 40 Jahre lang, im falschen Zug gesessen.

    God's Wonderful Railwaymen - the end of Swindon Railway Works © Swindon Cable 

    Outlet at 25 © Swindon Cable 

    Class_52 D1043 Western Duke Swindon Works

    D1015 Western Champion in Swindon Works

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    The Men of God’s Wonderful Railway

    Konrad Wakolbinger

    Von der harten Arbeit im Maschinenbau zu den Annehmlichkeiten der Konsumerlebniswelt – der Vergleich zweier gegensätzlicher Fernsehreportagen zeigt diesen Wirtschaftswandel „in a nutshell“.

    Im Archiv von Swindon Cable, dem ersten kom­mer­zi­el­len Kabel­fern­seh­sen­der Gross­bri­tan­ni­ens, finden sich zwischen Christmas Shows, Fuss­ball­be­richt­erstat­tung und “Winter Wonderland”-Schneefallvideos, zwei Repor­ta­gen über das Schicksal der Swindon Railway Works, einstmals eine der bedeu­tends­ten Loko­mo­tiv­bau- und Ser­vice­ein­rich­tun­gen weltweit.

    Paul Lang­cas­ter, lang­jäh­ri­ger Reporter von Swindon Cable, kehrte zum 25-Jahre Jubiläum des Great Western Designer Outlet Village nochmals zurück ins in die aus­ge­dien­ten Fabriks­hal­len der Eisen­bahn­wer­ke. Das Video, unin­spi­riert und nicht über­ra­schend als Outlet at 25 (Master)“ betitelt, zeigt eine cleane Shopping Mall, die in eine denk­mal­ge­schütz­te Indus­trie­ar­chi­tek­tur eingebaut wurde. Aber es erzählt auch, inter­es­san­ter­wei­se im Pro­mo­ti­ons­vi­deo der Betrei­ber­fir­ma des Ein­kaufs­zen­trums, die Geschich­te dieses aus­ser­ge­wöhn­li­chen Indus­trie­stand­or­tes, der Swindon erst zur Stadt erblühen hat lassen:

    Seit den 1840er Jahren verbindet die Great Western Railway Line London mit Bristol. Bald erhielt sie den Ehren­ti­tel “God’s Wonderful Railway” und verkaufte sich seit dem Beginn des Mas­sen­tou­ris­mus als “The Holiday Line”, da sie die Strände von Wales und Cornwall für die unteren Klassen zugäng­lich machte. In Swindon, davor eine unbe­deu­ten­de Markt­ge­mein­de, wurde, weil ungefähr in der Mitte der Strecke gelegen, das Tech­nik­zen­trum errichtet. Die Swindon Railway Works, in denen zur Blütezeit 14.000 Arbeiter die besten Dampfloks der Welt bauten, waren auch vor­bild­lich in der Fürsorge für ihre Arbeiter. Das, mit einem kleinen Lohnabzug, finan­zier­te Gesund­heits­zen­trum gewähr­leis­te­te eine lebens­lan­ge, kos­ten­lo­se Gesund­heits­ver­sor­gung und wurde tat­säch­lich zur Vorlage für das lan­des­wei­te Gesund­heits­sys­tem, das National Health Service (NHS).

    Andere Reportage, selber Ort, 30 Jahre früher:

    Keith Wilkinson doku­men­tiert in seiner fast 30-minütigen, ein­drück­li­chen Fern­seh­re­por­ta­ge „God’s Wonderful Railway Men den Kampf der Swindon Railway Workers um den Fort­be­stand ihrer Fabrik. Wilkinson zeigt die rostige Ästhetik einer unter­ge­hen­den Tech­nik­kul­tur und der ihr zuge­hö­ri­gen Arbeiter. Zwar sind Kame­ra­füh­rung und Ton­ge­stal­tung von „God’s Wonderful Railway Men“ nicht auf höchstem Niveau, aber der Film besticht durch seine Unmit­tel­bar­keit und Nähe zum Geschehen. Er ist ein fan­tas­ti­sches Zeitdokument.

    Dra­ma­ti­sche Orgel­mu­sik begleitet eine lange Kame­ra­fahrt, der Kame­ra­mann sitzt auf einer Lore, durch eine Halle enormen Ausmasses, in der Loko­mo­ti­ven repariert und gewartet werden. Zwei Ein­stel­lun­gen nehmen das Schicksal des Werkes und der dort beschäf­tig­ten Arbeiter vorweg: die beim Ver­schrot­ten brennende 40159 am Lok­fried­hof und der Schwenk von einer Diesellok zum dem an der Anlage vor­bei­fah­ren­den Hoch­ge­schwin­dig­keits­zug der die Werk­stät­te buch­stäb­lich “überholt”. Die Sequenzen aus den Werks­hal­len zeigen eine, mitt­ler­wei­le ver­schwun­de­ne, Welt der Indus­trie­ar­beit: Kör­per­lich­keit, Schweiss, Hand­ar­beit, Schmutz, Dampf, Eisen und die Maschinen werden tat­säch­lich von den Arbeitern bedient, die damit auch den Arbeits­rhyth­mus bestimmen.

    Demons­tra­tio­nen der Arbeiter in Swindon und London, wie auch das Lobbying im Parlament zeigen nicht die gewünsch­te Wirkung, obwohl die Arbeiter bereit sind, umzu­schu­len und sich an die neuen Tech­no­lo­gien anzueignen.

    Der Arbei­ter­pries­ter in Zivil­klei­dung argu­men­tiert mit dem Nutzen, welche die Arbeits­leis­tung in den Railway Works für die Gemein­schaft und für die Arbeiter selbst hat. Der Verlust von unwie­der­bring­li­chen Fer­tig­kei­ten, sowie der Reichtum, die Vitalität und die Krea­ti­vi­tät der Arbeit, droht ver­nich­tet zu werden. Ein anderer, in eine Soutane geklei­de­te, Priester, stützt sich in seiner Kritik am Bahn­ma­nage­ment auf die struk­tu­rel­le Funktion des Bahnwerks für Swindon — die Eisenbahn als Vater- und Mut­ter­fi­gur [sic!] der Stadt.

    Bill Reid, pen­sio­nier­ter Kes­sel­ma­cher, der sein ganzes Arbeits­le­ben von 51 Jahren in den Swindon Railway Works verbracht hat, trauert all den ver­schwun­den “Skills” nach, die im Werk, das damals noch Loko­mo­ti­ven gebaut hat, geblüht haben. Der geist­rei­che Pen­sio­nist, einer von drei im Fauteuil sitzenden älteren Herrn im Sonn­tags­an­zug, ist, aber nicht nur ein ent­täusch­ter Eisen­bah­ners, sondern auch ein hell­sich­ti­ger Denker, dessen Weitsicht alle Vertreter einer unhin­ter­frag­ten Fort­schritt­lich­keit beschämt.

    “Eine Meile Autobahn braucht 16 ha Land. Eine Meile Eisen­bahn­stre­cke braucht 0,4 ha Land. Denk doch an all das Ackerland, das ist weg…” es braucht Schienen statt Strassen … “Sie bekommen die Luft­ver­schmut­zung nicht mit. Jetzt kommen sie drauf, dass sogar die Wälder sterben. Vergiftet von der giftigen Umge­bungs­luft. Ich denke letzt­end­lich müssen sie zur Eisenbahn zurück.”

    Auf dem Schild eines Demons­tran­ten steht: “Is this the age of the train?”

    Nun, jetzt ganz sicher. Aber warum sind wir 40 Jahre lang, im falschen Zug gesessen.

    God's Wonderful Railwaymen - the end of Swindon Railway Works © Swindon Cable

    Outlet at 25 © Swindon Cable

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    Was ist Arbeit?

    Was ist Arbeit?

    Was Beschäftigung? Und wie haben sie sich über die Jahrhunderte verändert? Führende Wissenschafter:innen  aus Europa, den USA, China und Afrika reflektieren diese und verwandte Fragen in einem sechsteiligen Dokumentarfilm von Gérard Mordillat und Bertrand Rothé, der sich auch fabelhaft als Podcast eignet.

    Die Grenzen unserer Zukunftsvorstellung: Männer bei der Hausarbeit!

    Die Grenzen unserer Zukunfts­vor­stel­lung: Männer bei der Hausarbeit!

    Es ist schwierig, die Zukunft als einem Gegenstand zu begreifen, der einer objektiven Analyse zugänglich ist. Die Zukunft ist unweigerlich ungreifbar. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Die Zukunft der Vergangenheit. «Vergangene Zukünfte» wie sie sich etwa in Werbefilmen der 1950er und 1960er Jahre manifestierten, enthüllen so manch Interessantes, etwa den Mangel an Vorstellung sozialen Wandels.

    Zukunft der Arbeit: Science und Science-Fiction

    Zukunft der Arbeit: Science und Science-Fiction

    Zukunftsforschung hat sich längst als Wissenschaftsdisziplin etabliert. Weshalb die Forschung sich nicht scheuen sollte, Anleihen bei Science-Fiction Filmen zu nehmen, wird bei der britischen Miniserie „Years and Years“ (2019) von Russell T. Davies deutlich.

    THE WALKING MAN

    THE WALKING MAN

    Arbeit adelt. Arbeit macht das Leben süss. Sinnsprüche wie diese schreiben das Prinzip Arbeit apodiktisch als das Richtige und Gute ins Bewusstsein der Menschen ein. Wenn das amerikanische Fernsehen dieses Ideal aufgreift, dann um einen Helden der Arbeit zu kreieren: James Roberston – the walking man.

    Arbeitsplatz Atomkraftwerk

    Arbeits­platz Atomkraftwerk

    Spiel- und Dokumentarfilme zu Reaktorkatastrophen hatten vergangenes Jahr Hochsaison. 10 Jahre Fukushima und 35 Jahre Tschernobyl waren willkommene Anlässe. Für einen Einblick in die Arbeitswelt Atomkraftwerk empfehle ich aber weiter, nämlich auf Volker Sattels „Unter Kontrolle“ (2011), zurückzugreifen.

    Japans Seelöwinnen

    Japans See­lö­win­nen

    Anti-stereotypische Berufe: Ama-San und Haenyo ─ Apnoe-Taucherinnen in Japan und Korea

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    Über diesen Blog

    Mit der Auswahl eines Films oder eines Bildes ver­an­schau­licht dieser Blog buch­stäb­lich das weite Feld der Arbeit, Beschäf­ti­gung und Bildung in einer offenen Sammlung aka­de­mi­scher, künst­le­ri­scher und auch anek­do­ti­scher Erkenntnisse.

    Über uns

    Konrad Wakol­bin­ger dreht Doku­men­tar­fil­me über Arbeit und Leben. Jörg Mar­ko­witsch forscht zu Bildung und Arbeit.  Beide leben in Wien. Infor­ma­tio­nen zu Gast­au­toren und ‑autorin­nen finden sich bei ihren jewei­li­gen Beiträgen

    Über uns hinaus

    Interesse an mehr? Wir haben hier Emp­feh­lun­gen zu ein­schlä­gi­gen Festivals, Film­samm­lun­gen und Literatur zusammengestellt.

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