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  • Trotzdem ist Lazzaro glücklich


    Konrad Wakolbinger

    Alice Rohrwachers Film über die zweifelhafte Befreiung aus einem Untertanenverhältnis

    Die ita­lie­ni­sche Regis­seu­rin Alice Rohr­wa­cher beschreibt in ihrem groß­ar­ti­gen Film “Lazzaro Felice” (Glücklich wie Lazzaro) in poe­ti­scher Sprache wie das System wechselt, während arme, aus­ge­beu­te­te Menschen anders arm und aus­ge­beu­tet bleiben.

    In den Bergen in der Mitte Italiens. Eine kleine Dorf­ge­mein­schaft lebt ein einfaches, idyl­li­sches Leben im Einklang mit der Natur. Sie bestellen die Felder, melken die Kühe, kochen, essen und wenn es Nacht geworden ist, gehen alle schlafen. Lazzaros Platz ist weit oberhalb der Siedlung bei den Schafen. Lazzaro ist ein wenig langsam und immer zufrieden. Er ist ein Mensch von heiliger Einfalt.

    In einem Kraftakt bringen die Teil­päch­ter die Ernte ein. Ein Mann aus einer anderen Welt erscheint. Er befiehlt, er bemisst den Ertrag der Felder und ent­schei­det über Lohn oder (mehr) Ver­schul­dung. Dabei vergisst er nie darauf weniger zu geben, als den Menschen zusteht. Er ist der Stell­ver­tre­ter der all­mäch­ti­gen Aris­to­kra­tin, die das Land, den Gutshof und die Menschen, die für sie arbeiten, besitzt. In den Som­mer­fe­ri­en bezieht sie mit ihrem erwach­se­nen Sohn die Villa neben dem Gutshof.

    Es ist ein unbe­stimm­tes 20. Jahr­hun­dert. Trotzdem existiert das kleine Dorf wie eine unent­deck­te Insel in einem vor­mo­der­nen Modus. Das ist der unhin­ter­frag­ten Autorität der Herr­schaft geschul­det, die ihre Arbeiter bewusst im Unwissen verharren lässt. Möglich wurde das, weil, wohl schon vor langer Zeit, ein Unwetter die Brücke über den Fluss zerstört hatte. Der Übergang zur Welt draußen ist nur mit großer Mühe möglich. Im Verlauf einer Such­ak­ti­on der Polizei wird das Dorf von einem Hub­schrau­ber aus entdeckt. Die Leib­ei­ge­nen werden befreit.

    Sie leben nun bettelarm neben den Bahn­glei­sen in einer großen Stadt. Lazzaro sucht einen Job als Tage­löh­ner und begegnet so dem Guts­ver­wal­ter wieder. Als Arbeits­ver­mitt­ler verhökert er Ver­zwei­fel­te in die Plantagen der indus­tri­el­len Land­wirt­schaft. Die Arbeits­su­chen­den haben dabei keine andere Wahl, als sich in einer Art perversen Auktion selbst zu unter­bie­ten. Manchmal muss sich die ehemalige Dorf­ge­mein­schaft durch klein­kri­mi­nel­le Hand­lun­gen mit Essen versorgen. Und sogar die voll­kom­men verarmte Adels­fa­mi­lie schafft es noch einmal von ihnen zu profitieren.

    "Glücklich wie Lazzaro" Italien 2018, Regie: Alice Rohrwacher / Tempesta 

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    Trotzdem ist Lazzaro glücklich

    Konrad Wakolbinger

    Alice Rohrwachers Film über die zweifelhafte Befreiung aus einem Untertanenverhältnis

    Die ita­lie­ni­sche Regis­seu­rin Alice Rohr­wa­cher beschreibt in ihrem groß­ar­ti­gen Film “Lazzaro Felice” (Glücklich wie Lazzaro) in poe­ti­scher Sprache wie das System wechselt, während arme, aus­ge­beu­te­te Menschen anders arm und aus­ge­beu­tet bleiben.

    In den Bergen in der Mitte Italiens. Eine kleine Dorf­ge­mein­schaft lebt ein einfaches, idyl­li­sches Leben im Einklang mit der Natur. Sie bestellen die Felder, melken die Kühe, kochen, essen und wenn es Nacht geworden ist, gehen alle schlafen. Lazzaros Platz ist weit oberhalb der Siedlung bei den Schafen. Lazzaro ist ein wenig langsam und immer zufrieden. Er ist ein Mensch von heiliger Einfalt.

    In einem Kraftakt bringen die Teil­päch­ter die Ernte ein. Ein Mann aus einer anderen Welt erscheint. Er befiehlt, er bemisst den Ertrag der Felder und ent­schei­det über Lohn oder (mehr) Ver­schul­dung. Dabei vergisst er nie darauf weniger zu geben, als den Menschen zusteht. Er ist der Stell­ver­tre­ter der all­mäch­ti­gen Aris­to­kra­tin, die das Land, den Gutshof und die Menschen, die für sie arbeiten, besitzt. In den Som­mer­fe­ri­en bezieht sie mit ihrem erwach­se­nen Sohn die Villa neben dem Gutshof.

    Es ist ein unbe­stimm­tes 20. Jahr­hun­dert. Trotzdem existiert das kleine Dorf wie eine unent­deck­te Insel in einem vor­mo­der­nen Modus. Das ist der unhin­ter­frag­ten Autorität der Herr­schaft geschul­det, die ihre Arbeiter bewusst im Unwissen verharren lässt. Möglich wurde das, weil, wohl schon vor langer Zeit, ein Unwetter die Brücke über den Fluss zerstört hatte. Der Übergang zur Welt draußen ist nur mit großer Mühe möglich. Im Verlauf einer Such­ak­ti­on der Polizei wird das Dorf von einem Hub­schrau­ber aus entdeckt. Die Leib­ei­ge­nen werden befreit.

    Sie leben nun bettelarm neben den Bahn­glei­sen in einer großen Stadt. Lazzaro sucht einen Job als Tage­löh­ner und begegnet so dem Guts­ver­wal­ter wieder. Als Arbeits­ver­mitt­ler verhökert er Ver­zwei­fel­te in die Plantagen der indus­tri­el­len Land­wirt­schaft. Die Arbeits­su­chen­den haben dabei keine andere Wahl, als sich in einer Art perversen Auktion selbst zu unter­bie­ten. Manchmal muss sich die ehemalige Dorf­ge­mein­schaft durch klein­kri­mi­nel­le Hand­lun­gen mit Essen versorgen. Und sogar die voll­kom­men verarmte Adels­fa­mi­lie schafft es noch einmal von ihnen zu profitieren.

    "Glücklich wie Lazzaro" Italien 2018, Regie: Alice Rohrwacher / Tempesta

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